Anschlüsse eines Apple-Laptops: Im Unterschied zu den iPhones ist das MacBook Pro längst bereit für USB-C
Schluss mit dem Kabelwirrwarr: Das EU-Parlament hat in dieser Woche für eine neue EU-Richtlinie gestimmt, laut der elektronische Mobilgeräte in den EU-Ländern künftig mit einem USB-C-Anschluss ausgeliefert werden müssen. Die einheitliche Möglichkeit, neue Smartphones, Digitalkameras und Laptops über diese Buchse aufzuladen, soll Verbraucherinnen und Verbrauchern unter anderem die Suche nach einem jeweils richtigen Kabel ersparen.
Noch muss der EU-Rat über die Richtlinie abstimmen. Doch seine Zustimmung gilt als Formsache. Die EU-Länder hätten danach ein Jahr lang Zeit, um die USB-C-Pflicht in nationales Recht umzusetzen, und wiederum ein Jahr später muss dieses Recht auch angewendet werden. Doch längst nicht alle Vertreter der Elektronikbranche sind begeistert von den EU-Plänen – und vor allem Apple setzen sie ordentlich unter Druck.
Hier sind die Antworten auf die wichtigsten Fragen zur USB-C-Pflicht:
Die Idee hinter der neuen Richtlinie ist laut dem EU-Parlament, dass mit einem einheitlichen Anschluss weniger Müll verursacht und der CO₂-Ausstoß von Fabriken verringert wird. Innerhalb der EU sorgen Ladegeräte offenbar jährlich für rund 11.000 Tonnen Elektroschrott, mehr als tausend Tonnen sollen mit der Richtlinie eingespart werden. Denn Verbraucherinnen und Verbraucher benötigen so in Zukunft zum Aufladen ihrer Handys nur noch ein Ladegerät mit passendem USB-C-Kabel.
Neue Geräte müssen künftig die sogenannte Power Delivery (PD) unterstützen. Das Label signalisiert, dass ein Laden mit bis zu 100 Watt per USB-C-Kabel möglich ist. Für die Schnellladefunktion bei Smartphones reicht das locker ,und selbst die Akkus leistungsstarker Laptops werden so schnell wieder voll. Künftig soll sogar eine Ladeleistung von bis zu 240 Watt über ein USB-C-Kabel möglich sein.
Die Vielseitigkeit von USB-C macht sich im Alltag unter anderem bei Docking-Stations bemerkbar: Ein Kabel kann dabei genügen, um einen Laptop oder ein Tablet mit mehreren Bildschirmen sowie mit Tastatur und Maus zu verbinden – und um das Gerät gleichzeitig zu laden.
Betroffen von der Änderung, die in der EU aller Voraussicht nach ab dem Herbst 2024 greift, sind fast alle tragbaren elektronische Geräte mit Akku. Die USB-C-Pflicht trifft neue Smartphones, Tablets, Kopfhörer und Headsets, aber auch tragbare Videospielkonsolen, mobile Lautsprecher, E-Book-Reader, Tastaturen, Computermäuse, Navis und Video- sowie Digitalkameras.
Die Hersteller von Laptops haben länger Zeit für die Umstellung: Für tragbare Computer gilt die Regel von Frühjahr 2026 an. Überwachungskameras sind von der Pflicht ausgenommen.
Wenn Geräte kabellos geladen werden, greift die EU-Regel nicht. In-Ear-Kopfhörer etwa müssen keine USB-C-Buchse mitbringen, da sie dafür zu klein sind. Stattdessen muss aber das Ladegehäuse mit USB-C ausgestattet sein. Grundsätzlich herrscht bei drahtlosen Ladestationen für Smartwatches, Fitness-Armbänder und Zahnbürsten noch Unklarheit.
Sobald die Neuregelung in Kraft tritt, soll ein EU-Ausschuss zwei Jahre lang prüfen, welcher Drahtlos-Standard sich für EU-weites kabelloses Laden eignet.
Ja. Kommt die Regelung, dürfen Händler innerhalb der EU vom Herbst 2024 an zwar nur noch neue Geräte auf den Markt bringen, die einen USB-C-Anschluss haben. Modelle aus den Vorjahren sind von der Regelung jedoch nicht rückwirkend betroffen und dürfen weiterhin verkauft werden.
Die meisten Hersteller von Elektronikgeräten dürfte die neue Einschränkung aber ohnehin kaltlassen. Bei Bluetooth-Boxen und Spiegelreflexkameras etwa hat sich USB-C längst durchgesetzt. Auch bei Android-Smartphones hat USB-C den vorherigen Standard Micro-USB schon vor Jahren abgelöst.
Apples iPhones dagegen gibt es weiterhin nur mit Lightning-Anschluss, weshalb die EU-Richtlinie auch als »Anti-Apple-Gesetz« bezeichnet wird. Der Konzern warnte im November vergangenen Jahres davor , dass die Richtlinie »die Auswahl der europäischen Verbraucher einschränken wird, indem günstigere ältere Modelle vom Markt verschwinden«.
Langfristig gerät Apple auf jeden Fall unter Zugzwang. Seit zehn Jahren setzt der US-Konzern bei seinen iPhones hartnäckig auf den selbst entwickelten Lightning-Standard. Auch die aktuellen iPhones haben noch so einen Anschluss . Auf eine SPIEGEL-Anfrage hin teilt eine Apple-Sprecherin mit, dass sich das Unternehmen nicht zu den EU-Plänen äußern wolle.
Allerdings zeichnet sich bei Apple seit einigen Jahren ein Umbruch ab. Die meisten neueren iPads setzen mittlerweile auch auf USB-C-Anschlüsse. Das wird Experten zufolge auch bei den iPhones so kommen. »Ich glaube, sie werden umsteigen«, schreibt Apple-Analyst Mark Gurman dem SPIEGEL. Der Bloomberg-Experte hatte bereits im Mai darüber berichtet , dass der Konzern die ersten iPhones mit USB-C in Cupertino teste.
Über die EU-Pläne ärgert sich unter anderem der Branchenverband Bitkom . Laut seinem Geschäftsführer Bernhard Rohleder hilft die USB-C-Pflicht kaum dabei, Elektroschrott zu vermeiden, da es mit USB-C, Micro-USB und Lightning bei den Ladebuchsen ohnehin bereits nur noch drei Standards gebe. »EU-Parlament und EU-Staaten hinken der technischen Entwicklung damit Jahre hinterher«, sagte Rohleder im Juni . Seiner Ansicht nach bremsen die Pläne sogar Innovationen, da sich neue Ladetechnologien wie der kabellose Qi-Standard durchgesetzt hätten, während sich das Parlament noch mit Kabeln beschäftigt.
Auch Apple bezeichnete die EU-Pläne im Vorfeld als innovationshemmend, da die USB-Normen laufend aktualisiert würden. Wenn aber immer erst der Gesetzestext aktualisiert werden müsse, so die Argumentation, könnten Verbesserungen in Europa erst sehr viel später ankommen als im Rest der Welt. Apple hat der EU-Kommission außerdem vorgeworfen, nicht konkret auf das Zusammenspiel zwischen Kabeln und Ladegeräten einzugehen, was »zu Verwirrung bei den Verbrauchern und potenziellen Sicherheitsrisiken« führen könne.
Derzeit sorgen viele Standards für ein regelrechtes Namenschaos. Das Problem: USB-C-Kabel und -Stecker sehen alle gleich aus. Doch es gibt riesige Unterschiede bei Datenrate und Ladetempo. So wird schon die Kabelwahl zu einer Qual. Denn äußerlich ist vielen Kabeln nicht anzumerken, ob sie etwa mit Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 480 Megabit oder 40 Gigabit pro Sekunde daherkommen. Bemerkbar macht sich so etwas eher am Preis: Günstige USB-C-Kabel sind für weniger als zehn Euro zu haben, während USB-4- und Thunderbolt-4-Kabel teilweise mehr als 30 Euro kosten.
Doch noch viel wichtiger: Nicht alle USB-C-Kabel eignen sich zum Laden. Falsche Kabel können Laptops sogar zerstören . Mit Tests und Zertifikaten will das sogenannte USB Implementers Forum (USB-IF) verhindern, dass so etwas passiert. Das Konsortium hat sich zum Ziel gesetzt, Verbraucherinnen und Verbraucher künftig präziser zu informieren und ruft Hersteller dazu auf, irritierende Bezeichnungen wie USB4 Gen3x2 lieber wegzulassen.
Sticker mit konkreten Angaben wie »40 Gbps« und »60 Watt« sollen stattdessen auf der Packung kleben . Doch diese Maßnahme allein wird das Versions-Verwirrspiel wohl nicht beenden. Denn offiziell vom USB-IF abgesegnet ist nur ein Bruchteil der USB-Geräte auf dem Markt, schreibt »The Verge« . Und bei neuen Geräten kann man sich auch nicht darauf verlassen, dass die schnellste Buchse verbaut und ein Turbokabel in der Packung liegt. Denn bei Tastatur und Maus etwa braucht es keine 40 Gigabit pro Sekunde und 100-Watt-Ladepower.
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