Typ XXI - Hitlers Unterwasser-Wunderwaffe sollte mit der Rakete "Ursel" unangreifbar werden | STERN.de

2022-10-12 08:05:44 By : Ms. Matier Max

Eine Zeit lang träumten die Deutschen davon, mit den Wolfsrudeln ihrer U-Boote den Atlantik zu beherrschen und so Großbritannien in die Knie zu zwingen. Der anfängliche Vorteil löste sich auf, als die USA in den Krieg eintraten. Der schieren Menge an Überwasserkampfschiffen hatten die Deutschen nichts entgegenzusetzen. Dazu kamen technische Innovationen, die es möglich machten, getauchte Boote präzise zu orten. Und die Allgegenwart alliierter Flugzeuge über weiten Teilen des Atlantiks. Schließlich knackten die Briten auch noch die deutsche Chiffriermaschine vom Typ Enigma. 

Aus den Jägern wurde Gejagte, die Verluste der U-Bootwaffe waren enorm. Doch Oberbefehlshaber Karl Dönitz schickte seine Mannschaften immer weiter gegen den Feind (Dönitz – die Regierung des letzten Führers"). Gegen Ende des Krieges sollte ein neuer U-Boot-Typ die Wende bringen. XXI war tatsächliche das modernste U-Boot des Krieges und ein Entwurf, der weit in die Zukunft wies. Tatsächlich wurde es auch gebaut. Es war also keine reine Zukunftsvision wie die Stratosphärenbomber und auch weiter gediehen als die Nurflügler von Horton, die über Prototypen nicht hinauskamen. 131 Boote wurden gebaut, doch keines kam an den Feind.

Diese Boote waren topmodern und ihrer Zeit weit voraus. Bei einer Länge von 76 Metern und einer Breite von 6,6 Metern verdrängten diese Boote getaucht 1800 Tonnen, konnten bis zu 300 Meter tief tauchen und erreichten über Wasser eine Geschwindigkeit von 18 Knoten. Das Wesentliche war ihr Antrieb. Durch sehr starke Akkus konnten die Boote unter Wasser mit 16 Knoten laufen. Sie waren die ersten echten Unterseeboote, alle Modelle zuvor waren eher tauchfähige Torpedoboote, die eine gewisse Zeit unter Wasser bleiben konnten. Einen Schnorchel, um die Diesel mit Luft zu versorgen, hatte man schon vorher erprobt, doch erst beim Typ XXI arbeitet der Schnorchelmast perfekt. Bei Versuchen soll XXI 70 Tage unter Wasser geblieben sein.

Typ VIII erreichte unter Wasser nur 7,6 Knoten und das auch nur kurze Zeit. Die lange Tauchzeit und die hohe Geschwindigkeit hätte es ermöglicht, einen Angriff auf einen Konvoi komplett getaucht durchzuführen. Gleichzeitig waren die Boote für eine hohe Reichweite gebaut. Typ XXI sollte ohne Auftanken 12.000 Seemeilen zurücklegen können.

Dazu kamen weitere Innovationen. Sauerstoff wurde in gebundener Form mitgenommen. Das Boot konnte so sechs Tage ohne neue Frischluft operieren. Für die Besatzung gab es ein unerwartetes Komfortfeature: Der Luft im Boot wurde das Wasser entzogen, sodass sich keine schwüle Atmosphäre bilden konnte und so stand auch mehr Brauchwasser für die Hygiene zur Verfügung. Weiterhin wurden erste Stealth-Techniken gegen Radarstrahlen entwickelt. Schnorchel und Sehrohre wurden mit Gummi überzogen, das reduzierte den Radarquerschnitt deutlich.

Bei der Bewaffnung wurde auf das Deckgeschütz früher Typen verzichtet. Typ XXI sollte unter Wasser angreifen. Auch der Torpedoraum wurde komplett neu entworfen. Im Typ VII "lebte" die Besatzung bei den Torpedos, wie Film und Serie "Das Boot" zeigen (""Das Boot" : Abtauchen in eine Welt von Wasserbomben, Sex und Attentaten") Der Torpedoraum des Typs XXI war ein einziges Nachlademagazin, mit einer weit höheren Ladegeschwindigkeit. Insgesamt konnte ein Boot 20 Torpedos mit sich führen.

U-Boot Experte H.G. Sutton weist auf einen weniger bekannten Aspekt hin: Die U-Boote sollten mit dem ersten System von Antischiffsraketen ausgerüstet werden, die von einem U-Boot abgefeuert werden konnten. Das Projekt "Ursel" ist nicht mit heutigen weitreichenden Raketen zu vergleichen, es war eine Nahverteidigungswaffe für den Fall, dass ein U-Boot von Fregatten oder Zerstörern angegriffen wurde. Vermutlich hätte man – so Sutton – die Raketen in einem ausfahrbaren Vierer-Werfer am Heck installiert, der – einmal scharfgemacht - automatisch von der Sonaranlage ausgelöst wird, sobald sich der Gegner nähert. Automatisierte Auslöser hatten die Deutschen schon beim Angriff auf alliierte Bomberflotten erprobt. Bis Kriegsende erreichte Ursel keine Einsatzreife. Die Technik war aber revolutionär. Die Raketen wurden sogar mit der Superkavitationstechnologie ausgestattet. Das heißt, unter Wasser werden sie von einer Luftblase umhüllt und können weit höhere Geschwindigkeiten erreichen ("U-Boote der Zukunft  - mit 5800 km/h unter Wasser"). Die Ursel-Raketen sollen 116 Knoten schnell gewesen sein. U 2540 ist das letzte erhaltene Exemplar vom Typ XXI. Im Technikmuseum Bremerhaven kann man die "Wilhelm Bauer" besichtigen.

So viele Superlative Typ XXI auch aufbieten kann, für die Kriegsanstrengungen Nazi-Deutschlands war das Projekt kontraproduktiv. Kein einziges dieser Boote absolvierte eine erfolgreiche Feindfahrt. Als die ersten Boote halbwegs einsatzbereit waren, stand der Gegner an Land schon vor den letzten Basen. Der einzige Einsatz diente der Selbstversenkung.  Typ XXI hatte also keine Wirkung auf die Alliierten, dafür verschlang das Projekt aber jede Menge Ressourcen der zusammenbrechenden Kriegswirtschaft. Bei den NS-Führern triggerte die vermeintliche Wunderwaffe dafür die Fantasien: Verborgen, unerreichbar, unbesiegbar sollte es über die Alliierten herfallen. Der Historiker Howard Grier sagte lakonisch, dass man allein mit dem Stahl für diese U-Boote 5100 Panzer hätte bauen können. Mit den Tanks hätte man 17 Panzerdivisionen komplett ausstatten können. Für die Alliierten wäre das weit gefährlicher gewesen als Wunder-U-Boote, die nur in der Fantasie von Großadmiral Dönitz Geleitzüge versenkten.

Quellen: U 240 Wilhelm Bauer, Covert Shores

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