Wer an das Jahr 2006 zurückdenkt, erinnert sich höchstwahrscheinlich ein großes Sportevent, eventuell den 250. Geburtstag des Wolfgang Amadeus Mozart, jedoch wahrscheinlich nicht die Gründung eines HiFi-Unternehmens, welches sich 15 Jahre später zu einer handfesten Größe der deutschen HiFi-Szene etabliert haben sollte: Die Rede ist von Sonoro um Firmengründer Marcell Faller. Nach ein paar Jahren in der Rhein-Metropole Köln ist das Unternehmen mittlerweile wieder in Neuss ansässig.
Fallers Heimatstadt, welche er lediglich für ein paar Auslandsaufenthalte verlies, so etwa, um in den Vereinigten Staaten ein Studium zu absolvieren und etwas Berufserfahrung beim Tech-Fabrikanten Medion zu sammeln. Vor 15 Jahren wagte sich Faller schließlich erstmals mit seinem eigenen Projekt an die Öffentlichkeit und reiste mit dem Messestand im Kofferraum auf die Internationale Funkausstellung nach Berlin.
Dort zeigten sich prompt allerhand Interessenten für Fallers eigenwillig gestaltete Klangwürfel, mit denen alles seinen Anfang nahm. Vier Jahre später war ein Radio der Reihe „Cubo“ dann bereits auf der Weltausstellung in Schanghai zu sehen, mittlerweile sieht man Sonoro im Regal bei Saks auf der Fifth Avenue, im Londoner Conran Shop und im KaDeWe. Neben dem Plus X Award gewann Sonoro in der Zwischenzeit auch den Reddot Design Award. Denn neben dem hohen Anspruch an die klanglichen Kompetenzen der Geräte wird vor allem das Design im Neusser Planungsbetrieb großgeschrieben.
Die Formsprache Sonoros lässt sich dabei direkt zwischen Bauhausstil und zeitgemäßem Simplizismus verorten. Dabei begrenzt das Unternehmen seine Tätigkeit schon lange nicht mehr nur auf die Fertigung von handlichen Kompaktanlagen sondern führt auch Lautsprecher, digitale, sowie analoge Zuspieler in seinem Portfolio. So wussten die Rheinländer zuletzt unseren Redaktionskollegen Jörg Schumacher mit dem smarten Receiver und CD-Player Maestro und den 2-Wege Kompaktlautsprechern Orchestra zu überzeugen (AUDIO TEST Ausgaben 04/2020 & 07/2020).
Beide erreichten mit 88 Prozent ein sehr gutes Testergebnis und markierten Sonoros erstes halbe Dutzend in der Testhistorie der AUDIO TEST. Dabei konnte der Hersteller auch auf dem mittlerweile wieder hart umkämpften Feld der Vinylwiedergabe punkten. In Ausgabe 06/2017 attestierte Kollege Thomas Kirsche dem sonoroVINYL Plattenspieler ein ebenfalls sehr gutes Testergebnis (▶ lesen Sie hier unseren Test). Daran wird sich, nun gute dreieinhalb Jahre später, unser aktuelles Testmuster messen müssen: der Sonoro Platinum Plattenspieler.
Wie auch andere Produkte aus dem Katalog Sonoros zeigt sich der Plattendreher Sonoro Platinum von augenscheinlicher Zurückhaltung. Nachdem der Spieler zusammengebaut ist, zeigt sich der Platinum von zeitlosem Purismus. Die Montage geht dabei für einen Plattendreher verhältnismäßig schnell vonstatten. Zum einen muss der massive Plattenteller aus gegossenem Aluminum aufgesetzt und der Riemen angelegt werden. Des Weiteren lässt sich der Headshell kinderleicht via Bajonett-Anschluss am Tonarm montieren. Ausgestattet ist dieser übrigens von Werk aus mit einem 2M Red Tonabenehmer aus dem Hause Ortofon. Damit zieht Sonoro schonmal Konsequenzen aus der Kritik am SonoroVINYL, welcher lediglich mit einem deutlich weniger hochwertigen Tonabnehmer ausgestattet war.
Ortofons 2M Red arbeitet am besten mit einem Auflagegewicht von etwa 7,2 Gramm. Um diese einzustellen, ziehen wir eine Waage zurate, welche zwar nicht im Lieferumfang enthalten ist, jedoch in jeden passionierten Phono-Haushalt gehört. Das Antiskating ist bei Sonoros Platinum in die Tonarmbasis integriert, sodass hier die Fummelei mit einem Gegengewicht entfällt. Hier lässt sich der Tonarm auch in der Höhe verstellen, was wichtig ist, um eine zur Platte waagerechte Lage zu gewährleisten. Gerade bei der Verwendung dicker Auflagematten muss hier unter Umständen nachjustiert werden. Die von Haus aus beigefügte Gummimatte ist allerdings durchaus gebrauchsfähig und schreit nicht nach einem baldigen Ersatz wie etwa dünne Filzmatten einiger Wettbewerber.
Die Laufwerkzarge, welche uns in einem schicken mattgrau erreicht, ruht auf vier massiven Füßen, welche von Haus aus am Gehäuse montiert sind und durch dicke Sorbothane-Scheiben vom Laufwerk entkoppelt werden. An der Oberseite des Gehäuses sind lediglich zwei Schalter verbaut. Zum einen ein gewichteter Drehregler, welcher zwischen den beiden Drehgeschwindigkeiten des Spielers (33 und 45 Umdrehungen pro Minute) umschalten lässt. Zum anderen ein kleiner Drucktaster, der mit dem Blutooth-Symbol versehen ist. Richtig gelesen: Der Sonoro Platinum kann Bluetooth! Der eingebaute Digitalwandler vermag das Signal dank implementierter Phono-Vorstufe nicht nur via USB sondern auch kabellos per Bluetooth auszugeben. Mit einer angegebenen Reichweite von immerhin zehn Metern gestaltet sich der Plattenspieler somit in seiner Aufstellung äußerst flexibel.
Generell empfiehlt es sich übrigens für Klangperfektionisten, den Spieler nicht, wie häufig gehandhabt, zwischen den Lautsprechern zu positionieren. Denn zwischen den Speakern laufen Vinyldreher ob ihrer mikromotorischen Präzision Gefahr, von den tieffrequenten Schallwellen beeinflusst zu werden. Von daher mutet die Möglichkeit der kabellosen Signalübertragung erstmal überaus praktisch an, was die klangliche Qualität dessen Angeht, bleiben wir jedoch zunächst skeptisch.
Ob der integrierten Vorstufe lässt sich Sonoros Platinum Plattenspieler relativ problemlos mit so ziemlich jedem Verstärker in Verbindung bringen. Wir koppeln den Platinum für unseren Test mit dem Stereovollverstärker ACE des kanadischen Herstellers Moon by Simaudio und einem Paar brandneuer Standlautsprecher Typ 603 Anniversary Edition Marke Bowers & Wilkins. Beide Spielpartner finden Sie übrigens hier und hier im Test. Wir setzen uns zunächst über die Möglichkeit hinweg, den Plattenspieler am Line-Eingang des Verstärkers anzuschließen und greifen vorerst lieber auf den Vorverstärker des Moon ACE zurück.
Wir beginnen die Session mit dem 2013 auf Joyful Noise Recordings erschienenen Album „Lanterns“ des Kalifornischen Experimental- Trios Son Lux. Die äußerst liebevoll und raffi niert produzierte Melange aus organischen Flächen, weiten Hallfahnen und feinkörnigen Texturen startet mit dem Titel „Alternate World“, dessen Nuancenreichtum der Platinum bereits sehr gefühlvoll herausarbeitet. Die zarten Transienten der Mandoline werden hier nicht verschluckt sondern gestochen scharf konturiert, ohne jedoch spitz zu klingen – Was wohl in einer rein analogen Signalkette in der Natur der Dinge liegt. Allerdings kann der Platinum auch deutlich kräftiger. Gleich der nächste Track „Lost It To Trying“ zum Beispiel fährt schon deutlich breitere Flächen auf.
Dicke Bläser, gepaart mit scharfen Sägezähnen und gehaltvollen Snare-Sounds – der Platinum beweist hier ein selbstbewusstes Handling des dichten Materials, wobei sich allerdings dezente Einbußen in der zuvor noch überaus luftigen Räumlichkeit des Sounds vernehmen lassen. Nachdem wir Seite A unserer Referenzscheibe durchgehört haben, wiederholen wir die Titel und greifen dafür auf die im Sonoro Platinum implementierte Vorstufe zurück. Im Großen und Ganzen unterscheidet sich die Performance des Drehers hier kaum. Noch immer stellt der Dreher ein großes Talent für die Definition kleiner Details unter Beweis.
Das Einzige, was wir im direkten A/B-Vergleich feststellen, ist, dass das dynamische Spektrum des Spielers durch den eigenen Pre-Amp ein wenig komprimierter daherkommt. Der Sonoro Platinum wartet nicht mehr mit ganz so vielen mirkodynamischen Abstufungen auf wie zuvor. Dafür ist die Performance noch immer sehr fundiert und lebendig. Bei der Gelegenheit schließen wir den Plattendreher per USB-Kabel an ein Macbook und dieser erkennt den Sonoro Platinum Plattenspieler umgehend als Signalquelle. Nun können wir ohne Weiteres die Schallplatte mitschneiden.
Am meisten gespannt sind wir natürlich auf die Möglichkeit, den Sonoro Plattenspieler im kabellosen Betrieb zu hören. Dafür lässt sich der Sonoro Platinum per Knopfdruck im Handrumdrehen mit etwa bluetoothfähigen Aktivlautsprechern oder Verstärkern koppeln. Dafür spielen wir ein kurzes Spiel von Gedrückthalten hier, Blinken observieren da und so weiter. Nachdem es uns schließlich gelingt, legen wir eine LP mit Auszügen aus Wagners „Der fliegende Holländer“ auf den Teller. Ganz klar kann hier die Darbietung nicht mit einer physischen Signalstrecke mithalten. Der Sound ist etwas blasser und weniger schwungvoll. Allerdings haben wir auch ganz ehrlich nichts anderes erwartet.
Jedoch liegt in dieser Anwendung auch gar nicht der eigentliche Clue des Ganzen. Schließlich lässt sich der Dreher auch mit kabellosen Kopfhörern koppeln und eröffnet somit ganz neue Möglichkeiten! So verbinden wir den Sonoro Platinum etwa mit Sennheisers CX 400 BT True Wireless Kompfhörern und schlendern gespannt wie ziellos durch die Redaktion. Diese Performance hat zwar etwas leicht Befremdliches, kann uns jedoch schnell von ihrem Vorzug überzeugen. Mit kabellosen State-Of-The-Art-Kopfhörern hören wir eine Wagner-Platte direkt vom Spieler!
Dieses Feature weiß uns durchaus einiges an Anerkennung abzugewinnen. Dadurch, dass natürlich auch das phono-typische Knistern und Knacksen zu hören ist, kommt tatsächlich Vinyl-Feeling auf! Und das bei voller Lautstärke, ohne dass es jemand mitbekommt. Damit gelingt Sonoro ganz klar ein Vorzug, dank welchem sich der Plattenspieler Platinum von der Konkurrenz abzusetzen vermag.
Den Sonoro Platinum Plattenspieler gibt es zum Preis von 599 Euro (UVP) im Fachhandel oder direkt über Sonoro zu kaufen.
Webseite: www.sonoro.com/platinum
Anmerkung: Dieser Testbericht erschien zuerst in AUDIO TEST Ausgabe 02/2021
▶ Lesen Sie hier: Test der Sonoro Orchestra Lautsprecher (2-Wege-Bassreflex)
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Ist Komponist und Musikproduzent. Neben seiner Tätigkeit als Redakteur bei AUDIO TEST und LikeHiFi arbeitet er vorwiegend als Komponist für Film- und Bühnenwerke und initiiert mit Bells Echo eine eigene Konzeptveranstaltung, bei welcher Sakral- und Monumentalbauten jährlich mit bis zu 40 Lautsprechern bestückt werden. Privat kann er sich sich trotz einer Vorliebe für Vinyl der Praktikabilität digitalen Musikhörens nicht entziehen.