Kopfhörer auf – und der Umgebungslärm muss draußen bleiben. Schon seit der Erfindung des Walkmans ist das Ausblenden des eigenen Umfelds eine der reizvollsten Funktionen vom Musikhören unterwegs. Mit dem Aufkommen von Noise-Canceling im Massenmarkt wurde dieser Effekt in den letzten Jahren immer weiter perfektioniert. Jetzt gibt es das Feature auch erstmals bei Beats - und zwar in den Mittelklasse-Kopfhörern der Solo-Serie. Dem Solo Pro bringt Beats das Gegenteil bei.
Denn das muss man gleich sagen: So gut der Klang, die Verarbeitung und auch das Noise-Canceling des Beats Solo Pro auch sind: Die spannendste Neuerung ist der neue Transparenz-Modus. Wie auch die Airpods Pro (hier bei uns im Test) der Konzernmutter Apple kann auch der Solo Pro auf Wunsch die Abschirmung von der Umgebung einfach aufheben. Tippt man auf den Button an der linken Ohrmuschel, schalten sich Mikrofone auf dem Gehäuse ein und lassen Außengeräusche einfach mit in die Musik oder den Podcast einfließen. Statt einen abzuschotten, wird die Musik zum Hintergrundgeräusch.
Das ist erstaunlich nützlich. Vor allem beim Joggen oder Fahrradfahren fühlt man sich deutlich sicherer, den Verkehr weiter per Gehör mitzubekommen. Aber auch wer im Zug oder dem Flugzeug die Durchsagen nicht verpassen möchte, kann so einfach zuhören, ohne den Film unterbrechen zu müssen. In Zukunft könnten noch viele weitere Features hinzukommen. Der Apple-Beobachter Neil Cybart glaubt etwa an eine Ära des "Augmented Hearing", bei dem uns einfach Informationen über die Kopfhörer eingeblendet werden könnten, ohne dass man die Umgebung aus dem Ohr verliert. Aktuell beschränkt sich das aber noch auf die Option, sich SMS von Siri vorlesen zu lassen.
In der Praxis funktioniert der Transparenz-Modus des Solo Pro nicht ganz so gut wie bei den Airpods. Schon bei Musik auf moderater Lautstärke ist es nur noch schwer möglich, sprechende Personen in der Umgebung zu verstehen. Bei Apples In-Ear-Kopfhörern ist das durchaus noch möglich. Hier sollte Beats noch einmal per Software-Update nachlegen.
Den meisten Menschen dürfte es aber ohnehin auf die klassischen Qualitäten eines Kopfhörers ankommen. Wer seine Mitmenschen oder den Flugzeuglärm mit Musik ausblenden möchte, kommt beim Solo Pro voll auf seine Kosten. Der Sound ist wie von Beats gewohnt satt. Der Bass ist nach wie vor mächtig, ohne aber wie früher Höhen und Mitten zu erdrücken. So wirkt der Klang recht ausgeglichen. Trotzdem kommen vor allem basslastige Genres wie Hiphop und elektronische Musik voll zur Geltung, aber auch andere Musikrichtungen können sich wirklich hören lassen.
Die in der Solo-Serie neue Geräuschunterdrückung funktioniert ebenfalls sehr gut. Obwohl der Solo Pro auf den Ohren aufliegt, statt wie andere Modelle voll zu umschließen, kann er fast mit den Spitzenreitern von Bose oder Sony mithalten. Das stetige Brummen eines Zuges verschwindet nahezu vollständig, selbst Gespräche und Tastatur-Klappern werden ausgeblendet. Das ist nicht selbstverständlich. Allerdings klagen einige Tester aus der Redaktion über ein unangenehmes Druckgefühl, wenn Noise-Canceling eingeschaltet ist.
Dieses Druckgefühl könnte zumindest teilweise auch der neuen Bauweise geschuldet sein. Nachdem ältere Modelle oft als labbrig verschrien waren, hat Beats den Solo Pro deutlich robuster konstruiert. Die Scharniere, die beim Aufklappen auch den Kopfhörer einschalten, fühlen sich stabiler an. Auch die Metallschienen zum Verlängern des Bügels sowie die überarbeiteten Kunststoff-Ohrenpolster wirken sehr wertig.
Die neue Bauweise hat aber einen Nachteil: Der Solo Pro sitzt recht fest auf den Ohren. Dadurch wird er teilweise schon bei kleineren Köpfen als etwas eng empfunden. Zwar gewöhnt man sich daran, wie angenehm man den Sitz empfindet, muss aber wohl jeder für sich ausprobieren.
Eventuell ist der hohe Druck schlicht nötig, um Noise-Canceling zu ermöglichen. Während In-Ear-Kopfhörer den Gehörgang abschließen und die meisten Noise-Canceling-Kopfhörer das Ohr komplett umschließen, liegt der Solo Pro wie beschrieben nur auf. Dadurch ist es aber schwieriger, Außengeräusche abzuschirmen. Zu bemerken ist das etwa bei starkem Wind: Dann dringen immer wieder Luftstöße zwischen Abdeckung und Ohr und erzeugen teilweise ein unangenehmes Pfeifen.
Eine weitere Neuerung ist der Wegfalls der Kabelbuchse: Der Solo Pro lässt sich tatsächlich nur noch per Bluetooth verbinden. An die heimische Anlage lässt er sich also nicht mehr ohne weiteres Anschließen. Beats setzt voll auf die Nutzung unterwegs.
Ist der Akku einmal leer, ist zudem Schicht im Schacht. Im Test war das nach etwa 20 Stunden Nutzung mit Transparenz und Noise-Canceling der Fall. Das ist im Vergleich zu Konkurrenten ein guter Wert. Laut Beats soll der Solo Pro bei Abschalten der beiden Funktionen sogar 40 Stunden durchhalten. Geladen wird der Solo Pro nun per Lightning-Anschluss. iPhone-Nutzer brauchen also kein zusätzliches Kabel mitnehmen.
Der Solo Pro ist ein sehr gut klingender Kopfhörer mit potenter Geräuschunterdrückung, gewohnt schickem Design und hochwertiger Verarbeitung. Der Transparenzmodus setzt sich von vielen Konkurrenten ab, könnte aber noch etwas besser funktionieren. Etwas schade ist der recht enge Sitz. Hier sollte jeder im Laden einmal ausprobieren, ob sich der Kopfhörer bequem tragen lässt.
Der Beats Solo Pro kostet ab 200 Euro. Gemessen an der Leistung ist der Preis angemessen. Alternativen mit leicht besserem Noise Canceling sind etwa der Bose 700 (ab 250 Euro) oder der Sony WH-1000XM3 (ab 260 Euro). Wer sich vor allem für den Transparenz-Modus interessiert, ist mit Apples AirPods Pro (ab 230 Euro) am besten bedient.
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