Als Apple am 6. September in die Heimat Cupertino einlud, feuerte der Konzern geradezu ein Produkt-Feuerwerk ab. Von gleich vier Modellen des iPhone 14 bis zur Premiere der Apple Watch Ultra hatte man extrem viel zu zeigen. Die neuen Airpods Pro (2. Generation) gingen da fast unter. Dabei erwiesen sie sich im Test als eines der absoluten Highlights unter den Neuvorstellungen.
Denn Apple hat sich der wohl schwierigsten Frage gestellt: Wie macht man ein sehr beliebtes und gut funktionierendes Produkt noch besser. Die Antwort des Konzerns: Indem man in nahezu jeder Hinsicht noch eine Schippe drauflegt. Wir verraten, ob das geklappt hat.
Auf den ersten Blick hat sich zunächst wenig getan. Das grundsätzliche Design hat sich nicht geändert, Apple hat lediglich einige Details wie die Mikrofone und Sensoren verschoben und umgestaltet. Auch der Ladecase hat sich optisch nur an einer Stelle verändert: An der Seite findet sich nun ein kleiner Schlitz, an dem sich ein Halteband anbringen lässt. Eine kleinere Änderung gibt es bei der Personalisierung: Erstmals dürfen wir auch die selbst angepassten Memoji als Gravur verwenden.
Im Innern hat sich dafür umso mehr getan. Mit einem neuen Chip, einem überarbeiteten Audio-System und mehr Laufzeit hat Apple seine besten In-Ear-Kopfhörer kräftig technisch überarbeitet. Und das hört man auch.
Der Star der Airpods Pro war immer das gut funktionierende Noice-Cancelling und der Transparenz-Modus. Beides hat Apple erheblich aufgewertet. Wurden bisher vor allem tiefe Langzeit-Geräusche wie Flugzeuglärm oder das Fahrgeräusch herausgefiltert, hat Apple die Fähigkeiten nun spürbar erweitert. Durch den neuen H2-Chip und eine neue Berechnung der Lärmreduzierung reagieren die Airpods nun auch auf spontane, kurze Geräusche wie ein Hupen im Straßenverkehr oder eine sprechende Person nahezu nahtlos und dämpfen diese spürbar ab, verspricht Apple.
Das funktioniert im Test sehr gut. Ob in der U-Bahn, der leider viel zu lauten Straßenerneuerung vor dem Homeoffice-Fenster oder die sprechenden Kollegen: Alles wird angenehm abgedämpft. Am beeindruckendsten funktioniert das bei anderen Menschen. Spricht eine Person in direkter Nähe, klingt es fast, als wäre sie in einem anderen Raum. Aber auch Straßen- und Bahngeräusche werden sehr gut herausgefiltert. Hier hat Apple eine ohnehin schon funktionierende Technologie noch einmal spürbar verbessert.
Für jeden ist das Noice-Cancelling aber immer noch nicht geeignet. Der leichte Druck im Ohr bleibt auch bei den neuen Modellen spürbar. Reagiert man empfindlich darauf, ist auch die zweite Generation nicht angenehmer.
Jedes Geräusch verschwindet natürlich ohnehin nicht. Das helle Klappern der Tastatur ist etwa weiterhin zu hören, wenn auch längst nicht so laut. Auch die rufenden Kinder dringen weiter durch – solange man nicht nebenbei noch Musik hört.
Will man vom Verkehr oder den Kindern noch etwas mitbekommen, gibt es natürlich weiter den Transparenzmodus. Und auch hier hat Apple nachgebessert. Die Umgebungs-Geräusche, die vom Mikrofon eingefangen und dann ins Ohr weitergegeben werden, klingen bei den Airpods Pro 2 tatsächlich noch natürlicher. Selbst die eigene Stimme klingt so, als ob man keine Kopfhörer tragen würde. Selbst nach dem Tagen vergesse ich daher regelmäßig, dass ich die Kopfhörer im Ohr habe. Und wäre der Spiegel nicht gewesen, wäre ich deshalb sogar einmal fast mit ihnen in die Dusche gestiegen.
Dafür sind auch die neuen Stöpsel übrigens nicht gemacht: Wie schon beim Vorgänger sind die Airpods Pro 2 gegen Spritzwasser geschützt (IPX4), zum Duschen oder Schwimmen sind sie aber nicht geeignet.
Beim Klang hat Apple ebenfalls etwas mehr herausgekitzelt. Die neuen Airpods bringen einen neuen Verstärker und einen verbesserten Audiotreiber mit. Das Ergebnis ist hörbar. Bässe sind spürbar tiefer, wirken trotz der kleinen Bauform überraschend satt. Der Klang wirkt zudem etwas klarer als es bei den älteren Modellen der Fall ist. Dabei bleibt er aber gewohnt ausgewogen.
Neu ist die Möglichkeit, den Pseudo-Raumklang 3D-Audio zu personalisieren. Weil sich die Position, Form und Größe der Ohren bei jedem Menschen unterscheidet, kommen auch Geräusche bei jedem anders an. Mit einem iPhone mit der Gesichtserkennung FaceID kann man deshalb nun die Lage der Ohren im Gesicht abscannen, um den Raumklang natürlicher wirken zu lassen. Ich würde allerdings lügen, wenn ich behaupten würde, einen Unterschied zum 3D-Audio ohne diese Messung wahrzunehmen.
Um die Wiedergabe zu steuern, hat Apple den Airpods Pro 2 eine Touch-Steuerung in den Stäbchen verpasst. Drückt man die einmal, nimmt man Anrufe an oder startet und pausiert die Wiedergabe, mit einem Doppelklick kann man vor- mit einem dreifachen zurückskippen. Hält man den leicht zu erspürenden Button gedrückt, wechselt man zwischen Geräuschunterdrückung und Transparenz.
Etwas unintuitiv ist die Lautstärke-Steuerung, für die man den Steg nach oben (lauter) oder unten streichen muss. Um den gewünschten Effekt zu erzielen, muss man nämlich nicht nur einmal, sondern mehrfach streichen. Also häufiger, als man das zunächst erwarten würde. Hat man sich daran gewöhnt, funktioniert es aber zuverlässig.
Trotz der vielen Verbesserungen machen die Airpods aber nicht schneller schlapp – im Gegenteil. Bis zu sechs Stunden Laufzeit verspricht Apple, eine halbe Stunde weniger, wenn man 3D-Audio aktiviert hat. Im Alltag ließen sich diese Werte durchaus bestätigen. Weil ich die Kopfhörer aber eben ab und zu vergessen hatte, waren sie oft auch dann am Ende des Tages leer, wenn ich sie eigentlich nicht aktiv genutzt hatte. Weil der Case aber gewohnt schnell lädt, war auch das kein echtes Problem.
Toll ist übrigens ein kleines Detail: Als erstes anderes Gerät lässt sich das Ladecase der Airpods Pro 2 auch am Adapter der Apple Watch laden. Durch den Magnet hält der zuverlässig genug, das Laden erscheint nicht langsamer als am Kabel. Sonst funktioniert jede andere kontaktlose Ladestation nach dem QI-Standard, Apples Magsafe oder eben der Lightning-Stecker.
Der neue Chip hat neben der Geräusch-Unterdrückung aber noch einen weiteren wichtigen Vorteil. Wer schon mal seine Airpods verloren hat, kennt das Problem, dass sich nur der Case in Apples "Wo ist"-App orten lässt. Jetzt werden dort zusätzlich auch beide Kopfhörer einzeln angezeigt. Schade: Die nun ebenfalls hinzugekommene Möglichkeit, sich über die "Suche in der Nähe" direkt zum Gerät lotsen zu lassen, funktioniert nur für den Case, nur er hat den dafür nötigen U2-Chip. Dafür können aber nun alle Elemente ein Geräusch abspielen, um sie leichter wiederzufinden.
Mit den Airpods Pro 2 hat Apple seine beliebten Kopfhörer in nahezu jeder Hinsicht überarbeitet – und es geschafft, sie auch wirklich besser zu machen. Das Noice-Cancelling und der Transparenz-Modus klingen nun noch besser und natürlicher, der Sound ist ebenfalls besser und mit der neuen Touch-Steuerung und der besseren Ortbarkeit gibt es tolle Extras. So wünscht man sich ein Upgrade.
Wer einen der Vorgänger besitzt, muss nun natürlich trotzdem nicht sofort upgraden, Welten liegen nicht zwischen den Modellen. Schwankt man aber beim Kauf zwischen dem neuen Modell und dem alten, sollte man unbedingt den Aufpreis erwägen. Die neuen Airpods Pro sind einfach klar besser und gehören zu den besten In-Ear-Kopfhörern auf dem Markt.
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