Adidas RPT-02 SOL im Test: Nie wieder laden dank Solar? - HIFI.DE

2022-10-08 23:41:04 By : Mr. Simpson Lu

Als der Adidas RPT-02 SOL vor wenigen Monaten angekündigt wurde, waren die Schlagzeilen groß: Ein Kopfhörer, der dank Solarenergie theoretisch endlose Akkuleistung bietet? Wir wurden hellhörig und haben uns den Kopfhörer sofort ins Testlabor geholt. Was steckt hinter der Solar-Technik? Gimmick oder geniale Idee? Erfahre es hier!

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Zunächst einmal die Hintergründe. Der On-Ear-Kopfhörer von Adidas ist nämlich nicht der erste seiner Art. Wir konnten dir schon im Frühjahr 2021 vom Urbanista Los Angeles berichten, einem On-Ear-Modell, das ähnlich wie der RPT-02 SOL mit solarbetriebenem Akku wirbt. Hinter dem Urbanista steckt tatsächlich dasselbe Unternehmen, das jetzt auch die Laufzeit des Adidas-Kopfhörers beflügelt: Die schwedische Solar-Firma Exeger entwickelt die so genannte Powerfoyle, welche auf der Exeger-Website als „die anpassungsfähigste Solarzelle der Welt“ beschrieben wird. Wie der Name schon ahnen lässt, ähnelt Powerfolye einer Folie. Die gibt’s in allen möglichen Ausführungen. So kann Exeger zum Beispiel Leder oder anderen Stoff simulieren.

Powerfoyle soll sich so ins Design der Produkte einfügen, die sie einsetzen – anders als bei den deutlich erkennbaren Solarpanels, die zum Beispiel Taschenrechner oder Tastaturen schon seit Jahren verbaut haben.

Powerfoyle soll Energie sammeln, egal, ob die Zellen direkt in der Sonne liegen oder nur einen bewölkten Himmel abkriegen. Sogar abends unter der Wohnzimmerlampe sollen sie laden – und so soll der Adidas RPT-02 SOL zumindest in der Theorie kontinuierlich aufladen.

Adidas rückt den Nachhaltigkeitsgedanken, der zwangsweise hinter Solartechnik steckt, bewusst in den Fokus. So ist Powerfoyle in einen Kopfbügel aus recyceltem Plastik eingelassen. Ab 2024 will das Unternehmen im Rahmen seiner Nachhaltigkeitsstrategie nur noch solch recycelten Kunststoff einsetzen – ob die Strategie nur Greenwashing oder echte Nachhaltigkeit ist, sei dahingestellt.

Zumindest kommt die Verpackung des Adidas RPT-02 SOL komplett ohne Plastik aus. Auch wird kein Ladekabel mitgeliefert. Da die meisten ohnehin ein USB-C-Ladekabel Zuhause haben dürften, spart das Ressourcen.

Die Ladeweise des Adidas RPT-02 SOL stellt alle anderen Merkmale des Kopfhörers in den Schatten. Wie klingt er, wie bedienst du ihn? Auch das haben wir natürlich getestet, aber das wichtigste und spannendste ist und bleibt die Powerfoyle-Technologie im Kopfbügel, die dem RPT-02 SOL laut der Website von Adidas Headphones „beinahe unbegrenzte Laufzeit“ verschafft. Hält der RPT-02 SOL das Versprechen?

Adidas gibt dir die Möglichkeit, dich selbst zu überzeugen, in Form der Adidas-Headphones-App für iOS und Android. Die zeigt dir stets an, wie viel Strom der Adidas RPT-02 SOL gerade verbraucht, und wie viel er gleichzeitig dazugewinnt.

In einem zweiten Widget direkt darunter kannst du dir außerdem den Verbrauch im Verlauf anschauen. Wir geben zu: Die Darstellung allein macht Spaß. Den Kopfhörer von der Sonne in den Schatten zu bewegen und den Effekt live in der App zu verfolgen, ist perfekt für die Spielkinder unter uns.

Und noch besser: Die Powerfoyle-Technologie scheint tatsächlich zu funktionieren. So konnten wir auf unserem Arbeitsweg beobachten, wie der On-Ear-Kopfhörer während der Musikwiedergabe im Schnitt zehn Milliampere verlor, dank starkem Sonneneinfall aber rund 17,5 Milliampere dazugewann. Eine halbe Stunde später, im Büro angekommen, hatte der RPT-02 SOL laut App tatsächlich ein Prozent mehr Akku-Ladung als vorher.

Nach einem halben Tag im Büro, während dessen wir den Kopfhörer immer mal wieder pausierten, ganz aufdrehten, und von der Sonne unters Kunstlicht bewegten – einigermaßen normale Nutzungsweise also – war das gewonnene Prozent dann wieder weg. Leider reicht das Licht in unserem abgedunkelten Büro nur für circa zwei Milliampere Ladeleistung, was lautes Spotify-Streamen mit rund zehn Milliampere Verbrauch nicht ausgleichen kann.

Ein halber Tag mit Musik im Büro kostete uns also ein Prozent Akku. Als Gegentest wickelten wir den RPT-02 SOL in eine Jacke ein und ließen die Musik laufen. So verloren wir zwei Prozent Ladung in zwei Stunden. Das kontinuierliche Aufladen verlangsamt den Entladungsprozess also spürbar.

Etwas schade ist, dass der Kopfhörer scheinbar im ausgeschalteten Zustand Akku-Ladung verliert. So legten wir den RPT-02 SOL am Freitagabend mit 46 Prozent Akku weg, und setzten unseren Test am Montag mit 38 Prozent fort. Im Laufe des Tages gewannen wir dann wieder zwei Prozent zurück. Das Phänomen konnten wir am folgenden Tag reproduzieren, es scheint also kein Einzelfall gewesen zu sein.

Ganz autark ist der Adidas RPT-02 SOL also nicht. Es sei denn, wenn du ihn nur in der prallen Sonne nutzt. Davon rät Adidas aber ausdrücklich ab – Temperaturen über 45 Grad Celsius schaden nämlich womöglich dem Akku. Die Solartechnik verlängert jedoch tatsächlich die ohnehin schon lange Laufzeit von 80 Stunden. Den RPT-02 SOL wirst du somit wirklich rekordverdächtig selten aufladen müssen. Die Technik funktioniert, ist aber kein Zauberwerk.

Der RPT-02 SOL erweist sich als guter Begleiter im Alltag. Design-technisch ist er zwar nichts Besonderes, er kann aber damit punkten, dass sowohl die Ohrmuscheln als auch die Stoffbespannung um den Kopfbügel abnehmbar und waschbar sind. Auch die Schutzklasse IPX4 gegen Spritzwasser spricht für den Kopfhörer. Nur in puncto Komfort gibt es ein paar Abzüge. Der Kopfbügel drückt auf Dauer unangenehm, da er kaum gepolstert und so sehr hart ist. Der Hörer ist zwar flexibel und lässt sich sehr weit aufspannen. wWir fanden aber, er sitzt sehr eng. Beim Training sorgt das für guten Halt, aber so wird eben auch das Tragen auf Dauer anstrengend.

Vergiss auch nicht, dass es sich um einen On-Ear-, keinen Over-Ear-Kopfhörer handelt. Die Ohrmuscheln sind sehr bequem, die Bauweise ist aber nicht jedermanns Sache.

Bei Anrufen haben wir festgestellt, dass die Mikros des RPT-02 SOL viel Windgeräusche aufnehmen und du so für dein Gegenüber schwer verständlich bist. Apropos Mikrofone: Noise Cancelling kann der Kopfhörer nicht bieten. Adidas beschränkt sich scheinbar auf das Wesentliche, und ist sind natürlich die Akkuleistung – die ANC zu sehr negativ beeinflussen würde. In Sachen Features gibt sich der Kopfhörer also sonst betont bescheiden.

Solartechnik, ewig lange Laufzeit, sportlicher Touch – das alles schön und gut, aber wie klingt der RPT-02 SOL denn nun? Wir finden: Ganz ordentlich! Adidas‘ Sport-DNA ist hier klar erkennbar. Musik tönt laut und präsent aus dem Hörer, mit ordentlich Druck in den Tiefen. Das tut Songs wie Montero von Lil Nas X besonders gut. Die Bassline ist kräftig, aber angenehm. Der Adidas RPT-02 SOL bietet genau den richtigen Punch für die pumpenden Beats, die wahrscheinlich die Sport-Playlists der meisten Leute zieren.

Auch mit ruhigeren Titeln weiß der Adidas-Kopfhörer umzugehen. Samson von Regina Spektor entfaltet sich voll und weitschweifig. Sowohl die klare, hohe Stimme der Sängerin als auch das Piano erscheinen warm und mit viel Körper. Die Kopfhörer machen den Song etwas aufgeregter, spritziger, als wir es gewohnt sind – das ist Klangcharakter, der ganz subjektiv gefallen muss. Uns zumindest konnte er überzeugen.

Auch Rock-Songs wie Coraline von Måneskin verleiht der RPT-02 SOL Kick. Bei Hörbüchern zeigt sich indes der deutliche Fokus auf Bässe: Die tiefe Stimme Achim Höppners macht seine Lesung des Silmarillions fast unangenehm. Ein Trip in die App hilft. Hier kannst du bei Bedarf nachsteuern, oder eins der Presets wählen. Spaß macht der RPT-02 SOL also in jedem Fall. Neutrale, ausgeglichene Musikwiedergabe suchst du aber woanders.

Deine Musik erreicht den Adidas-Kopfhörer via Bluetooth 5.2, wobei auch Multipoint dabei ist. Adidas macht keine Angaben zu den unterstützen Codecs. Über die Konsole am Mac konnten wir aber feststellen, dass der Kopfhörer AAC unterstützt. Die Entwickleroptionen unseres Samsung-Smartphones ließen SBC, AAC und aptX, aber kein LDAC zu. Eine Buchse, um den Bluetooth-Kopfhörer optional mit Kabel zu verwenden, gibt es nicht.

Für die Bedienung des Adidas RPT-02 SOL gibt es physische Knöpfe am Gerät – keine Touchfelder. Der Großteil der Bedienoptionen konzentriert sich auf einen kleinen Joystick an der rechten Ohrmuschel. Den kannst du drücken, um den Kopfhörer ein- oder auszuschalten sowie, um den Pairing-Modus zu aktivieren. Wie lang du drücken musst, um die Kopplung auszulösen, steht weder online noch in der Bedienungsanleitung geschrieben. Ledliglich in der Adidas-Headphones-App wirst du aufgefordert, den Kopfhörer anzuschalten, und dann dieselbe Taste nochmal vier Sekunden zu drücken, um die Kopplung zu starten. Das funktionierte auf Anhieb. Die restlichen Funktionen des Joysticks beschränken sich auf das klassische lauter/leiser und Tracks skippen.

Ein zweiter Knopf an der linken Ohrmuschel – ein einfacher Button, kein beweglicher Stick – erweitert die Optionen etwas. Drückst du ihn einmal, leuchten die ringförmigen Lämpchen darüber auf. Die Anzahl der aktivierten Ringe zeigt dir, wie viel Licht der Kopfhörer gerade registriert. Das hat Witz, ist unserer Meinung nach aber recht sinnfrei. Ob es sonnig ist, wirst du wahrscheinlich auch ohne die Anzeige deines Kopfhörer wissen. Auch leuchten die Ringe nicht sehr hell, in starkem Sonnenschein sind sie kaum mehr zu erkennen.

Zu guter Letzt gibt’s da noch die App. Die erlaubt es dir, den linken Button mit mehreren Funktionen zu belegen. Zum Beispiel kannst du ihn so einstellen, dass einmaliges Drücken die Lichtanzeige aktiviert, zweimaliges Drücken eine spezielle Spotify-Playlist startet und dreimaliges Drücken einen Sprachassistenten aufruft.

Wir finden, der Kopfhörer hat alles Nötige an Bedienelementen dabei. Alle Tasten reagieren ohne Verzögerung und vor allem der Joystick ist sehr angenehm in der Bedienung, auch wenn er ungewohnt weit hinten am Hörer sitzt. Allein die App braucht manchmal etwas länger, um den Kopfhörer zu finden, funktioniert dann aber flüssig.

Der Adidas RPT-02 SOL verspricht Großes: Beinahe unbegrenzte Akku-Laufzeit dank unterstützender Solarenergie. Im Test konnte das Gimmick beweisen, dass es funktioniert: Bei ausreichend Sonneneinfalls lädt sich der Akku tatsächlich während der Nutzung auf. Dafür musst du aber wirklich im Sonnenschein spazieren, ansonsten verlangsamt die Solarfolie lediglich das Entladen. Einen Haken gibt’s aber: Der Kopfhörer verliert leider ausgeschaltet Akku.

Die Solarfolie ist natürlich das Highlight, aber auch abseits davon ist der Adidas RPT-02 SOL ein kompetenter Kopfhörer. Neutral ist der Klang nicht, dafür präsent und kraftvoll, perfekt fürs Workout. Die waschbare Stoffbespannung und der gute Halt überzeugen, allerdings ist er nicht der bequemste Kopfhörer, den wir bisher erlebt haben. Wer auf der Suche nach einem Kopfhörer ist, der Spaß macht – ob mit sattem Sound oder lustiger App – der wird hier fündig.

Den Adidas RPT-02 SOL erhältst du aktuell für etwas über 200 Euro. Das ist eine Stange Geld. Vergleicht man den Preis allerdings mit den umliegenden Rängen in unserer Bestenliste der Over- und On-Ear-Kopfhörer, wird der wieder etwas relativiert. So kostet ein Sennheiser Momentum 3 Wireless, ebenfalls mit der Note 8,5, ca. 300 Euro. Für den ebenfalls sehr guten Sennheiser PXC 550-II zahlst du rund 200 Euro. Es kommt ganz darauf an, wonach du suchst. Falls du ein Budget von rund 200 Euro hast und einen On-Ear-Kopfhörer mit besonders langer Akku-Laufzeit suchst, dann ist der Adidas RPT-02 SOL eine echte Empfehlung – mit coolem Solar-Extra obendrauf.

Interesse? Den Adidas RPT-02 SOL kannst du auf Amazon kaufen:

Du hättest doch lieber einen Bluetooth-Kopfhörer mit klassischem Akku? Schau doch in unsere Bestenliste:

Was sagst du zu dem Adidas-Kopfhörer? Juckt es dich in den Fingern, die Solar-Technologie selbst auszuprobieren? Oder hältst du das ganze eher für unnütze Spielerei? Lass es uns in den Kommentaren wissen!

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